Mehr, Mariella
Mariella Mehr (* 27. Dezember 1947 in Zürich; † 5. September 2022 ebenda) Schweizer Schriftstellerin.
Persönlicher Beitrag
Unterhaltsam? Dass ich nicht lache. Lesen Sie meinen im März erscheinenden neuen Roman "Zeus oder der Zwillingston". Vielleicht kann es Ihre diesbezügliche Neugierde befriedigen. Über mich selbst gibts kaum Unterhaltsames zu berichten.
Ich bin - immer noch - ein wütender Mensch. (ca. 1994)
Leben
Die Schweizerin Mariella Mehr wurde als Angehörige der Minderheit der Jenischen 1947 in Zürich geboren. Mehr ist ein Opfer des Hilfswerks für die Kinder der Landstrasse, das Kinder von ihren "fahrenden" Eltern zwangsweise trennte. Sie wuchs in 16 Kinderheimen und drei Erziehungsanstalten auf. Viermal wurde sie in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen, 19 Monate verbrachte sie in der Frauenstrafanstalt Hindelbank.
Seit 1975 publiziert sie, zunächst journalistisch, dann schriftstellerisch. Sie erhielt zahlreiche literarische Auszeichnungen. 1981 erschien ihr erster Roman (Steinzeit). Seit den 1970er Jahren engagiert sie sich für die Interessen der Roma, worunter sie auch Jenische versteht, von deren Organisationen sie sich mit ihrem Bekenntnis zur Roma-Gemeinschaft ausgegrenzt sieht.[1] Aus der Radgenossenschaft der Landstrasse, zu deren Gründerinnen sie gehörte, wurde sie inzwischen ausgeschlossen.[2] Sie sieht sich weniger als Schweizer als vielmehr als Roma-Schriftstellerin.[3] Für ihre schriftstellerische Leistung wie für ihr minderheitspolitisches Engagement erhielt sie 1998 die Ehrendoktorwürde der Universität Basel. Heute lebt Mariella Mehr in der Toskana.
Im Jahre 2000 trat sie aus der Autorenvereinigung Gruppe Olten aus, weil diese das Ziel, „eine demokratische sozialistische Gesellschaft“ zu verwirklichen, aus dem Zweckartikel ihrer Statuten gestrichen hatte. Sie ist Mitglied der International Romani Writers (IRWA), deren Vizepräsidentin sie zeitweise war.[4]
Mariella Mehr schreibt in Deutsch, aber auch in Romanes, Französisch und Italienisch.
Einzelnachweise
- ↑ Rafaela Eulberg, "Sprache ist mein Zuhause". Interview mit der Romni-Schriftstellerin Mariella Mehr, in: Schlangenbrut, 21 (2003), Nr. 82, S. 21-25, hier: S. 25.
- ↑ Rafaela Eulberg, "Sprache ist mein Zuhause". Interview mit der Romni-Schriftstellerin Mariella Mehr, in: Schlangenbrut, 21 (2003), Nr. 82, S. 21-25.
- ↑ Rafaela Eulberg, "Sprache ist mein Zuhause". Interview mit der Romni-Schriftstellerin Mariella Mehr, in: Schlangenbrut, 21 (2003), Nr. 82, S. 21-25.
- ↑ http://IRWA-Angaben zu Mehr: [www.romaniwriters.com/mehr.htm].
Auszeichnungen (Auswahl)
- 1981 Literaturpreis des Kantons Zürich für Steinzeit
- 1981 Förderungspreis des Kantons Bern für Steinzeit
- 1984 Literaturpreis der Stadt Bern für In diesen Traum...
- 1987 Literaturpreis der Stadt Bern für Kinder der Landstrasse
- 1988 Ida-Somazzi-Preis
- 1992 Anerkennungspreis des Kantons Graubünden (für das Gesamtwerk)
- 1995 Anerkennungspreis der Stadt Zürich (Gesamtwerk)
- 1996 Einzelwerkpreis der Schweizerischen Schillerstiftung für Daskind
- 1996 Ehrenmedaille der Gemeinde Tomils
- 1998 Ehrendoktorwürde der Universität Basel
- 2002 Buchpreise des Kantons und der Stadt Bern für Angeklagt
- 2012 ProLitteris-Preis
- 2014 «Weiterschreiben», Stadt Bern
- 2016 Bündner Literaturpreis für ihr literarisches Lebenswerk
Werke
Prosa, Lyrik
- Steinzeit. Roman. Zytglogge Verlag, Gümligen 1981
- In diesen Traum schlendert ein roter Findling. Gedichte. Zytglogge, Gümligen 1983
- Das Licht der Frau. Bericht über Spanien und die Stierkämpferinnen. Zytglogge, Gümligen 1984
- Kinder der Landstrasse. Ein Hilfswerk, ein Theater und die Folgen. Zytglogge, Gümligen 1987 (dokumentiertes Buch zur Aufführung)
- Rückblitze. Zytglogge, Gümligen 1990 (Sammlung von Texten aus den Jahren 1976–1990)
- Zeus oder der Zwillingston. Roman. R+F Verlag, Zürich 1994
- Daskind. Roman. Nagel & Kimche Verlag, Zürich 1995
- Brandzauber. Roman. Nagel & Kimche, Zürich 1998
- Nachrichten aus dem Exil. Gedichte, zweisprachig (deutsch & romani). Übersetzung von Rajko Djuric. Drava Verlag, Klagenfurt 1998
- Widerwelten. Gedichte, teilweise zweisprachig (deutsch & romani). Übersetzung von Miso Nikolic. Drava, Klagenfurt 2001
- Angeklagt. Roman. Nagel & Kimche, Zürich 2002
- Im Sternbild des Wolfes. Gedichte. Drava, Klagenfurt 2003
Bühnentexte
- Kinder der Landstrasse. Drama, uraufgeführt im Theater 1230, Bern 1986
- Silvia Z. Drama, uraufgeführt im Stadttheater Chur 1986
- Anni B. Drama. Aufführung im Theater Gessnerallee, Zürich 1989 (von der Autorin abgelehnte Aufführung)
Literatur
- Benita Cantieni: Mariella Mehr. In: Schweizer Schriftsteller persönlich, S. 222–237; 260. Huber, Frauenfeld 1983
- Bernhard C. Schär: Nackte Ohnmacht, verletzte Körper und unverhüllte Kritik: Mariella Mehr. In: Bern 68. Lokalgeschichte eines globalen Aufbruchs – Ereignisse und Erinnerungen, S. 192–196. Hier + jetzt, Zürich 2008, ISBN 978-3-03919-078-2
Weblinks
- Archiv Mariella Mehr in der Archivdatenbank HelveticArchives der Schweizerische Nationalbibliothek|Schweizerischen Nationalbibliothek
- Persönliche Website von Mariella Mehr
- Online-Ressource der Dissertation von Filomena Jacovino: Mariella Mehr. Wie das Opfer zum Täter wird
- Stellungnahme zur Entschuldigung des S. Karger Verlags seitens der Aktion Kinder des Holocaust
- Die Kraft aus Wut und Schmerz Zum 60.Geburtstag von Mariella Mehr. Beitrag aus der Sendung Sternstunde Kunst vom 26. Dezember 2007 auf SF 1
- Schweizerisches Literaturarchiv (SLA). Nonkonformismus Archiv Fredi Lerch - Mehr, Mariella
Bestände UB Bern
- Autorenhomepage von Mariella Mehr (NB, wenn Kategorie = Webarchiv)
Quellen
Dieser Text entstand auf Grundlage der Freien Enzyklopädie Wikipedia und wurde am 20.02.2011 hier eingestellt. Der Originaltext wurde unter der GNU Free Documentation License und der Creative Commons Lizenz (CC-BY-SA) veröffentlicht. (Originalversion in der Wikipedia)