literapedia bern
Das Lexikon der Berner Schriftstellerinnen
und Schriftsteller

Aktuell 2015-05-26: Kanton verleiht 2015 sieben literarische Auszeichnungen

Aus literapedia bern

26. Mai 2015 – Medienmitteilung; Erziehungsdirektion

Das Amt für Kultur des Kantons Bern und die kantonale deutschsprachige Literaturkommission verleihen 2015 fünf Literaturpreise für herausragende literarische Arbeiten. Ausgezeichnet werden Lukas Bärfuss, Michael Fehr, Rolf Hermann, Guy Krneta und Roland Reichen. Zwei Anerkennungspreise gehen an Fitzgerald & Rimini und Anna Stüssi.

Das literarische Schaffen der Saison 2014/15 im Kanton Bern präsentiert sich vielfältig und reich. Die Jury – die deutschsprachige Literaturkommission des Kantons Bern – hat rund 70 Werke von Berner Autorinnen und Autoren besprochen. Berücksichtigung fanden Buchpublikationen aller Gattungen, öffentlich aufgeführte Theaterstücke, Hörbücher und -spiele sowie Spoken-Word-Texte und Audio-CDs. 2015 werden fünf mit je 10ʼ000 Franken dotierte Literaturpreise des Kantons Bern und zwei Anerkennungspreise in der Höhe von 6ʼ500 Franken vergeben.

Mit «Stil und Moral» (Wallstein Verlag) gelingt Lukas Bärfuss die eindrückliche Erweiterung seines Œuvres. In den darin versammelten Essays, Reden und Vorlesungen bezieht der Autor gleichermassen pointiert wie erhellend Stellung zu ästhetischen, politischen und gesellschaftlichen Fragestellungen. Dabei nützt er auf überzeugende Weise die Freiheiten des essayistischen Genres und vermag so, kritisches Engagement mit stimulierender Reflexion, sprachlicher Klarheit und hohem Unterhaltungswert zu verbinden.

Michael Fehr übertrifft mit seiner zweiten Prosaveröffentlichung «Simeliberg» (Verlag: Der Gesunde Menschenversand) die Erwartungen bei weitem: In knappen Sätzen nimmt er seine Leserinnen und Leser mit in die tiefsten Abgründe eines Dorfes, in dem jene, die anders sind oder von anderswo kommen, einen schweren Stand haben. Dem Autor gelingt es, insbesondere durch knappe Dialoge, ein Klima des Misstrauens abzubilden, das gefährlichen Machenschaften einen Boden bereitet. Entstanden ist ein Prosatext, der so schnell nicht wieder loslässt.

In seinem Gedichtband «Kartographie des Schnees» (Verlag: Der Gesunde Menschenversand) stellt sich Rolf Hermann die Frage, wie das Vergängliche bewahrt werden kann. Wie lässt sich ein Bild, so fragil, dass es zerfliesst, kaum berührt man es, festhalten? Er legt offen, was unter der Kälte verborgen liegt, erweckt die Stille zum Leben und verändert den Aggregatszustand der Sprache. Seine Lyrik geht nicht geräuschlos an einem vorbei, auch wenn sie still gelesen wird.

In «Unger üs» (Verlag: Der Gesunde Menschenversand) zeichnet Guy Krneta mit grosser sprachlicher Präzision das Porträt einer Schweizer Familie von den 1950ern bis in die 1980er Jahre. Dieses «Familienalbum» besticht durch seine virtuose Komposition sowie die pointierte und originelle Charakterzeichnung der Familienmitglieder, die je eine eigene Art zu sprechen haben. Das Buch legt private und politische Abgründe subtil offen. Und selbst die Trauer über Verständigungsprobleme und Vergänglichkeit wird immer wieder gebrochen durch ernst-verspielte Komik.

In seinem zweiten Roman «Sundergrund» (edition taberna kritika) erzählt Roland Reichen das kurze und trostlose Leben des Fieder Kleinjenni. So wie der morastige Boden unter dem «Heimetli» im Berner Oberland wegerodiert, findet auch keine der Figuren je festen Tritt, sie versinken in Verwahrlosung, Gewalt und Drogen. Die originelle, bisweilen grotesk verzerrte Dialekt-Kunstsprache verhindert ein Abgleiten ins Tragische und schafft inmitten des bodenlosen Elends Augenblicke der Komik.

Anerkennungspreise für das Duo Fitzgerald & Rimini und für Anna Stüssi

Das Duo Fitzgerald & Rimini, bestehend aus der Autorin Ariane von Graffenried und dem Musiker Robert Aeberhard, prägt seit zehn Jahren die Schweizer Spoken-Word-Szene mit. Auf ihrem Album «Grand Tour» (Der Gesunde Menschenversand) präsentieren die beiden die Geräusche und Geschichten, die sie auf ihrer Reise quer durch Europa, von Rimini bis ins Grauholz, gesammelt haben. Sprache und Musik spielen gleichberechtigt zusammen und fügen sich zu einem ganz eigenen, einzigartigen Ton-Text-Kunstwerk zusammen.

Für ihre Biographie «Ludwig Hohl. Unterwegs zum Werk» hat Anna Stüssi Unmengen von Archivmaterial sorgfältig verarbeitet zu einer vielschichtigen, reichhaltigen und sprachlich souveränen Auseinandersetzung mit dem Leben und dem Schreiben des von Mythen umsponnenen, aber sonst relativ wenig beachteten Schriftstellers. Ihre Biographie leistet einen wertvollen Beitrag zur Schweizer Literaturgeschichte und zur Hohl-Rezeption. Ihre differenzierten Aussagen zu Bedingungen, Prozessen und Krisen des Schreibens sind weit über Hohl hinaus von Bedeutung. (...)

(Quelle)