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Das Lexikon der Berner Schriftstellerinnen
und Schriftsteller

Aktuell 2014-05-27: Kanton verleiht 2014 sieben literarische Auszeichnungen

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26. Mai 2014 – Medienmitteilung; Erziehungsdirektion

Die kantonale deutschsprachige Literaturkommission verleiht 2014 fünf Literaturpreise des Kantons Bern für herausragende literarische Arbeiten. Ausgezeichnet werden Christoph Geiser, Heinz Helle, Marie-Luise Könneker, Henriette Vásárhelyi und Peter Weibel. Eine Ehrengabe für Literaturvermittlung geht an Peter Rusterholz und ein Prix Trouvaille an Bettina Gugger.

Das literarische Schaffen der Saison 2013/14 im Kanton Bern präsentiert sich einmal mehr ausgesprochen vielfältig und reich. Die Jury – die deutschsprachige Literaturkommission des Kantons Bern – hat fast 50 Werke von Berner Autorinnen und Autoren besprochen. Berücksichtigung fanden Buchpublikationen aller Gattungen, öffentlich aufgeführte Theaterstücke, Hörbücher und -spiele sowie Spoken-Word-Formen und Audio-CDs. Die sechs prämierten Werke spiegeln diese Vielfalt wider. 2014 vergibt die Kommission fünf mit je 10‘000 Franken dotierte Literaturpreise des Kantons Bern, eine Ehrengabe für Literaturvermittlung in der Höhe von 6‘000 Franken sowie einen Prix Trouvaille von 3‘000 Franken.

Fünf Literaturpreise, eine Ehrengabe für Literaturvermittlung und ein Prix Trouvaille

Mit einem Literaturpreis des Kantons ausgezeichnet wird der um den Tod der Mutter des Erzählers kreisende Roman «Schöne Bescherung» von Christoph Geiser (Offizin Verlag). Auf diesem Gang, der durch Museumshallen ebenso wie in Fitnessstudios führt, nehmen Reihen von Reminiszenzen und Metaphern rasante Fahrt auf. Realität und Phantastik sind in diesem fein komponierten Buch kunstvoll verwoben; lesend blickt man durch ein Kaleidoskop, mit dem Geiser eine durcheinandergeratene Welt sprachlich immer wieder neu anordnet.

Heinz Helle, Absolvent des Schweizerischen Literaturinstituts in Biel, hat die Kommission mit seinem Debut «Der beruhigende Klang von explodierendem Kerosin» beeindruckt (Suhrkamp Verlag). Das Scheitern einer Liebesbeziehung bildet den Ausgangspunkt, um zwischen philosophischer Reflexion und unmittelbarem Gemeinschaftsgefühl die Grenzen von «Ich» und «Wir» auszuloten. Diese Suche nach einem vom Denken losgelösten Erleben artikuliert sich in einem sprachlich eindrücklich gestalteten Gedankenprotokoll.

In ihren Erinnerungen «Asseblick» reflektiert Marie-Luise Könneker (mit eindrücklichen Fotos von Ernst Fischer) poetisch und kritisch zugleich die Verwandlung ihres Dorfes in ein Atommülllager (verlag die brotsuppe). Märchenbilder und Sprichwörter, Kinderreime und Traumfragmente und immer wieder eigene Gedichte unterstreichen die sprachliche Virtuosität dieses trauernden Blicks auf die Zerstörungspotenziale in der Vergangenheit und in der Gegenwart: ein Blick, der trotz des abschliessenden Utopie-Idylls «zersplittert, scharfkantig, oft schmerzhaft» bleibt.

Einen weiteren Literaturpreis erhält die in Biel lebende Henriette Vásárhelyi für ihren Debutroman «immeer» (Dörlemann Verlag). In ihrer sensiblen Auseinandersetzung mit Verlust und Trauer zeichnet die 36-Jährige eine Frau, die sich ‒ gefangen in einer ungelösten, vertrackten, inakzeptablen Vergangenheit – der Gegenwart mit ihrer Forderung nach Weiterleben verweigert. In knapper, präziser, unaufgeregter Sprache macht Vásárhelyi einen psychischen Ausnahmezustand auf überraschend eigenwillige Weise nachvollziehbar.

Im Band «Die blauen Flügel» nähert sich der Berner Autor und Arzt Peter Weibel in zwanzig Erzählungen den Themen Krankheit und Tod an (Waldgut Verlag). In einer behutsamen und ehrlichen Sprache schildert er den Abschied vom behinderten Kind oder erzählt von der Hilflosigkeit angesichts eines Menschen, der zwar sehr krank war, dann aber doch für alle unerwartet plötzlich gestorben ist. In den Geschichten überwiegt eine traurige Grundstimmung, doch blitzen immer wieder positive lebensbejahende Momente auf.

Das Wirken des Literaturwissenschaftlers Peter Rusterholz wird mit einer Ehrengabe für Litera-turvermittlung gewürdigt. Nebst seiner Tätigkeit als Professor hat er während 30 Jahren im Rahmen des Collegium generale der Universität Bern mehr als hundert literarische Lesungen organisiert. Der späteren Nobelpreisträgerin ebenso wie dem noch unbekannten Jungautor hat er eine Plattform geboten, ihre Werke vorzustellen, und damit mehreren Generationen von Studierenden den Zugang zur Literatur eröffnet.

Der Prix Trouvaille geht an Bettina Gugger, die in «Musen und Museen» (Verlag Büro für Problem), einer kleinen, aber äusserst reichhaltigen Sammlung von Kurztexten, über Kunst und Fragen des Kunstbetriebs nachdenkt – mal aus Sicht der Museumsbesucher, mal aus Sicht der Kunstschaffenden oder ihrer Modelle. Gekonnt variiert sie die Genres, stellt eine Kürzestgeschichte neben ein fiktives Interview oder ein Manifest und verflicht die Texte geschickt miteinander. Entstanden ist ein einfallsreiches und humorvolles Kleinod. (...)

(Quelle)