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Thüring von Ringoltingen: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Thüring von Ringoltingen''' (* ca. 1415; † 1483)  
'''Thüring von Ringoltingen''' (* um  1415; † 1483) war Schultheiss von Bern.
 
== Leben ==
Er stammte aus der Familie ''Zigerli'', die seit 1350 in Bern lebte, zu Wohlstand gekommen war und den Namen des ausgestorbenen Geschlechts derer von Ringoltingen angenommen hatte. Er amtierte in Nachfolge seines Vaters Rudolf mehrfach als Schultheiss und war Pfleger des Münsterbaues. 1457 stiftete er auch den Glockenturm der Kirche von Utzenstorf.
 
Er schrieb nach einer französischen Vorlage von Couldrette (1401) im Jahr 1456 die Erzählung ''Melusine'', die später als Volksbuch weite Verbreitung fand. In ihr wird vom Herrn von Lusignan berichtet, der seine Frau, die Nixe Melusine, verliert, als er sie heimlich beim Bade beobachtet. Die verwickelte Handlung umspannt vier Generationen und hat fast die gesamte damals bekannte Welt zum Handlungsort.
 
Das Autograph des Werkes ist verloren gegangen, überliefert sind fünfzehn Handschriften und etwa dreissig Drucke aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Der Stoff wurde vielfach aufgegriffen, u.a. von Hans Sachs, Jakob Ayrer und Ludwig Tieck.


== Leben ==  
Thüring starb 1483 als letzter männlicher Vertreter seiner Familie und wurde in der Ringoltingen-Kapelle im Südschiff des Berner Münsters beigesetzt.
„Dieser Berner, letzter männlicher Spross aus dem ursprünglich bäuerlichen Geschlecht Zigerli aus Ringoldingen bei Erlenbach im Simmental, war bis 1479 Besitzer des Schlosses Landshut und bekleidete in Bern viermal das Schultheissenamt: 1458, 1461, 1464 und 1467. Er muss ein für seine Zeit gebildeter Mann gewesen sein; er sprach Französisch und verstand Latein; immerhin fühlte er sich veranlasst, einen Gönner, den Markgrafen Rudolf von Hochberg, 'demütiglich und gar ernstlich' zu bitten, seine 'richtung', 'wo dess notturfft sey', zu 'reformiren' und zu 'corrigiren' – 'denn er die Sprach bass kan / denn ich' (Reclam 1969, S. 139/140). - Thüring von Ringoltingen starb 1483 im Alter von ungefähr siebzig Jahren.
 
== Ausgaben der Melusine ==
Seine 'Melusine'-Dichtung ist die freigestaltete Prosafassung einer französischen Versvorlage. Sie wurde 'mit der hülff Gottes vollbracht / am Donnerstag nach vincentzen Tag / des heiligen Märtyrers / im Jar / als man zelet nach Christi unsers lieben Herrn geburt / 1400 und in dem 56. Jar' – 1456 also. Man darf annehmen, der 'Tichter' dieser 'History oder geschicht' habe sich der langwierigen Arbeit des Übersetzens und Neuformens in der Abgeschiedenheit seiner Herrschaft Landshut unterzogen. (…)
* Jan-Dirk Müller: ''"Bibliothek der Frühen Neuzeit, Erste Abteilung, Ln, 12 Bde., Bd.1, Romane des 15. und 16. Jahrhunderts"'' (Melusine, Fortunatus, Faust), Deutscher Klassiker Verlag 1990, ISBN 3-6186-6310-2
* Thüring von Ringoltingen: ''"Melusine"'' Aus dem Frühneuhochdeutschen übertragen ins Neuhochdeutsche von Gerhard Wahle, ISBN 3898213307
Trotz ihrem mythischen Hintergrund erscheint die 'Melusine'-Geschichte bei Thüring von Ringoltingen als eine Art historischen Romans. Sie spielt in Südfrankreich und berichtet von der ehelichen Verbindung eines Ritters Reymund mit einem ausserirdischen Wesen, im weitern von den seltsamen Schicksalen ihrer seltsamen Söhne. Die schöne Melusine, eigentlich eine Meerfee, nimmt ihrem Gemahl das heilige Versprechen ab, niemals zu fragen oder gar nachzuforschen, was sie an einem Samstag tue... (…)
* Thüring von Ringoltingen. Melusine (1456). Nach dem Erstdruck Basel: Richel um 1473/74. Herausgegeben von André Schnyder in Verbindung mit Ursula Rautenberg. 2 Bd. (Edition, Übersetzung und Faksimile der Bildseiten; Kommentar und Aufsätze). Wiesbaden: Reichert 2006, ISBN 3-89500-508-8
 
In der Sprache unseres Erzählers aus Landshut scheint gelegentlich ein berndeutscher Ton anzuklingen: einem Menschen 'bekommen' (epcho); 'nechten' (nächti, gestern abend), etwas 'underwegen' lassen. Unglück ist meist 'Ungefell'. (Hans Sommer: Volk und Dichtung der Region Burgdorf, Francke 1973, S. 297-299)
== Literatur ==
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* Hans Sommer: Volk und Dichtung der Region Burgdorf, Francke 1973, S. 297-299)
 
== Weblinks ==
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== Weblinks ==
== Weblinks ==

Version vom 23. November 2011, 19:18 Uhr

Thüring von Ringoltingen (* um 1415; † 1483) war Schultheiss von Bern.

Leben

Er stammte aus der Familie Zigerli, die seit 1350 in Bern lebte, zu Wohlstand gekommen war und den Namen des ausgestorbenen Geschlechts derer von Ringoltingen angenommen hatte. Er amtierte in Nachfolge seines Vaters Rudolf mehrfach als Schultheiss und war Pfleger des Münsterbaues. 1457 stiftete er auch den Glockenturm der Kirche von Utzenstorf.

Er schrieb nach einer französischen Vorlage von Couldrette (1401) im Jahr 1456 die Erzählung Melusine, die später als Volksbuch weite Verbreitung fand. In ihr wird vom Herrn von Lusignan berichtet, der seine Frau, die Nixe Melusine, verliert, als er sie heimlich beim Bade beobachtet. Die verwickelte Handlung umspannt vier Generationen und hat fast die gesamte damals bekannte Welt zum Handlungsort.

Das Autograph des Werkes ist verloren gegangen, überliefert sind fünfzehn Handschriften und etwa dreissig Drucke aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Der Stoff wurde vielfach aufgegriffen, u.a. von Hans Sachs, Jakob Ayrer und Ludwig Tieck.

Thüring starb 1483 als letzter männlicher Vertreter seiner Familie und wurde in der Ringoltingen-Kapelle im Südschiff des Berner Münsters beigesetzt.

Ausgaben der Melusine

  • Jan-Dirk Müller: "Bibliothek der Frühen Neuzeit, Erste Abteilung, Ln, 12 Bde., Bd.1, Romane des 15. und 16. Jahrhunderts" (Melusine, Fortunatus, Faust), Deutscher Klassiker Verlag 1990, ISBN 3-6186-6310-2
  • Thüring von Ringoltingen: "Melusine" Aus dem Frühneuhochdeutschen übertragen ins Neuhochdeutsche von Gerhard Wahle, ISBN 3898213307
  • Thüring von Ringoltingen. Melusine (1456). Nach dem Erstdruck Basel: Richel um 1473/74. Herausgegeben von André Schnyder in Verbindung mit Ursula Rautenberg. 2 Bd. (Edition, Übersetzung und Faksimile der Bildseiten; Kommentar und Aufsätze). Wiesbaden: Reichert 2006, ISBN 3-89500-508-8

Literatur

  • Vorlage:ADB
  • Hans Sommer: Volk und Dichtung der Region Burgdorf, Francke 1973, S. 297-299)

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